Immer noch höre ich sie die alten Sprüche klopfen: «Wasser hat es immer gegeben» oder «Die Schweiz gilt als Wasserreservoir Europas», auch: «Solange es Berge gibt, gibt es Wasser!» Ich kann sie nicht mehr hören. Alles falsch. Alles altes Denken. Denn: Trendrechnungen und Statistiken bestätigen, Wissenschaftler warnen und wir erfahren es: Die Klimaerwärmung setzt nicht nur uns, sondern auch den natürlichen Wasserreserven zu.
Weniger Grundwasser
«Ohne Wasser ist alles nichts!» Der das sagt, ist der Chemiker Klaus Lanz, Leiter des unabhängigen Forschungs- und Beratungsinstituts «international water affairs» in Evilard im Berner Jura (Das Magazin). Einen der Hauptgründe des beunruhigenden Trends sieht der Fachmann beim Grundwasser, das weltweit um ein Vielfaches dessen ausgebeutet wird, was neu gebildet wird. Dies ist etwa in Texas bis zur kanadischen Grenze (Schmelzwasser aus den Rocky Mountains) der Fall. Im ganzen Nahen Osten und Nordafrika wird fossiles Grundwasser im Übermass ausgebeutet, auch wegen der Landwirtschaft.
In der Schweiz werden die Flüsse in Zukunft viel weniger Wasser (aus Schmelzwasser) führen, der Grund liegt im steigenden Schneemangel. Als Beispiel nennt Lanz den Rhein, dessen Wasser 39 Prozent Wasser aus der Schneeschmelze und nur 2 Prozent Wasser aus der Eisschmelze enthält. Und am Beispiel Bodensee konnte man 2025 einen extrem tiefen Pegelstand beobachten.
Wir haben das Wetter nicht «unter Kontrolle»
Noch haben das nicht alle Menschen im Land realisiert. Es regnet immer weniger. Gleichzeitig nimmt die Verdunstung der Pflanzen zu, weil es wärmer wird. Regelmässig beklagen sich unsere Bauern, wenn einige Wochen Trockenheit herrscht. Während Hochwasserkatastrophen die Bevölkerung aufrütteln, ist unser Bewusstsein für die Folgen extremer Trockenheitsperioden unterentwickelt. Es braucht ein grundsätzliches Umdenken, denn gegen flächendeckende Austrocknung der Böden gibt es kein Rezept. Wir müssten weniger Wasser verbrauchen respektive Kulturen anbauen, die mit viel weniger Wasser auskommen, als das gegenwärtig in unserer Landwirtschaft passiert.
Neu denken, neu abwägen, in die Zukunft blicken
Noch gilt in der Schweiz in Bezug auf Wasser altes Denken. So ist die derzeitige Förderung von wasserintensiven Obst- und Gemüsekulturen nicht die beste Idee. Hingegen müsste konsequent Humus aufgebaut werden, indem weniger gepflügt wird. Die langfristige Ausbildung junger Bäuerinnen und Bauern ist gefordert (lies: dies wäre eine Aufgabe des Bauernverbands): Der Anbau von Hülsenfrüchten als Alternative zur Fleischproduktion drängt sich auf.
Früher entwässerte man unsere Böden in grossem Stil, weil sie im damals herrschenden Klima für den Ackerbau zu feucht waren. Heute sind diese Röhren immer noch da und entziehen den Böden – für den Ackerbau! –dringend benötigtes Wasser. Eigentlich müsste man nur den Ausfluss dieser Röhren verschliessen. Allerdings wehrt sich auch hier der Bauernverband gegen neue Einsichten. «Immer gerät man mit der Landwirtschaft in Clinch», beklagt Lanz.
In dieses Kapitel gehört auch die Geschichte um die Fruchtfolgeflächen. Diese sind ein Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg – man wollte verständlicherweise möglichst viel produzieren, weshalb das Ausmass auch heute, 80 Jahre später, nicht kleiner werden darf. Es wäre endlich Zeit für eine Neubeurteilung: «Ein Kompromiss könnte lauten: Wenn es aus Klima- oder anderen existenziellen Versorgungsgründen unvermeidlich ist, dürfen Fruchtfolgeflächen auch mal verloren gehen» (Das Magazin).
Der Wert des Grundwassers
Angesichts des Klimawandels und seiner Folgen für die Landwirtschaft müsste man in der Schweiz das Grundwasser besser schützen und intelligenter nutzen. Aber genau das geschieht nicht. Darüber habe ich kürzlich berichtet (Juni 2025): Wir haben einen grossen Teil unseres Grundwassers durch Verschmutzung verloren – zu viel Nitrat aus der Gülle, Pestizide, vor allem Trifluoracetat (TFA).
Unsere Gesetze schreiben vor, dass keine Schadstoffe ins Grundwasser gelangen dürfen. Würden wir das konsequent durchsetzen – denn wir träumen ja immer noch von sauberem Trinkwasser –, müssten wir das Grundwasser nicht aufbereiten.
Bedeutung des Permafrosts in den Schweizer Alpen
In den Schweizer Alpen verbirgt sich der Permafrost typicherweise in Schutthalden und Felswänden oberhalb der Baumgrenze (2600 m). Er wirkt quasi wie Zement. Taut er auf, werden Böden instabil. Die Klimaerwärmung der letzten 10 bis 15 Jahre hat einen Temperaturanstieg von +1 Grad bewirkt, was zu Felsabbrüchen führen kann. Ja, ganze Hänge können abrutschen (Blatten im Wallis!).
Die Auswirkungen solcher Katastrophen auf die Wasserversorgung sind indirekt: Als Folge der Abbrüche können zum Beispiel Quellen versiegen. Doch gravierender ist die Gefahr des dadurch ausgelösten Gletscherrückgangs, was sich auf die Funktion eines Gletschers als Wasserlieferant auswirkt.
Rechtzeitig handeln gegen drohende Wasserknappheit
Es gibt zahlreiche Gründe drohender Wasserknappheit, bei denen die Landwirtschaft angesprochen ist. Während Murgänge und Felsabstürze unendlich viel schwieriger zu vermeiden sind, gibt es längst erprobte Anbau- und Verhaltensalternativen in der Landwirtschaft. Warum handelt diese nicht?
Die von uns Konsumenten bezahlte TV-Werbung des Bauernverbandes («Fleisch, natürlich aus der Schweiz» – «Käse, natürlich aus der Schweiz» – «Milch, natürlich aus der Schweiz») ist nicht zukunftskompatibel.