Das Sperrfeuer der Interessengemeinschaft Schiessen Schweiz (IGS) unter ihren Co-Präsidenten Sylvia Flückiger (SVP) und Jean-Luc Addor (SVP) gegen die Anpassung des Waffenrechts entfacht einen Sturm im Wasserglas. Nüchtern betrachtet geht es um die Schengen-Mitgliedschaft der Schweiz und um Freiheit und Sicherheit in Europa. Die Tradition des Schweizer Schiesswesens ist nicht in Frage gestellt.
Schweizer Schengen-Mitgliedschaft
Die Idee der Verschärfung der EU-Waffenrichtlinien als Instrument der Terrorbekämpfung findet allgemein breite Zustimmung. Erwerb und Besitz von Feuerwaffen sollen eingeschränkt werden. Natürlich ist dies nur ein Mosaikstein im Repertoire des Kampfs gegen terroristische Bedrohungen – z.B. Attentate -, doch ist die europaweite Bekämpfung missbräuchlicher Verwendung von Waffen auch im Sinne der Schweiz. Als Mitglied des Schengen-Assoziierungsabkommens muss unser Land diese Verschärfungen übernehmen.
Die Schweiz muss sich also entscheiden, ob sie mit einem JA zu dieser Vorlage mit zumutbaren Anpassungen für den Verbleib im Schengen-Raum mit allen Vorteilen bezüglich Freiheit, Sicherheit, Reisefreiheit und Wirtschaft votieren soll. Bei einem NEIN stünde diese Mitgliedschaft zur Debatte. Schengen bringt auch der Schweiz enorme Vorteile. Allein das Schengen-Fahndungssystem hat 2018 europaweit zu annähernd 20‘000 Fahndungstreffern geführt. Und was wir sicher nicht wollen: Wir würden zur Schengen-Aussengrenze. Dies hätte auch gewaltige wirtschaftliche Auswirkungen auf den Tourismus.
Warum überhaupt diese Verschärfung des EU-Waffenrechts?
Mit dieser Verschärfung soll – auch als Antwort auf das Attentat in Paris – die missbräuchliche Verwendung von Waffen für kriminelle und terroristische Zwecke bekämpft werden. Zulassung und Registrierung von halbautomatischen Waffen sollen erschwert werden. Diese Reaktionen und Begründungen sind doch eigentlich nachvollziehbar und im Interesse der Bevölkerung.
Hysterische Gründe gegen diese Anpassung
Wieder einmal haben wir es mit einem Referendum zu tun, das aus schwer nachvollziehbaren Gründen einen ganzen Katalog von Behauptungen und Unterstellungen auffährt bis hin zur Aussage, die Grundlagen unserer Freiheit wären bei einem JA akut bedroht. Die hysterisch aufgebauschten Argumente entbehren jeder Grundlage. Weder ist die althergebrachte Tradition unseres Schiesswesens in Gefahr, noch wird die Abgabe des Sturmgewehrs an unsere Soldaten verunmöglicht. Es kann also weder von Entwaffnung, noch von einer Gefährdung der Schweizer Schiesstradition gesprochen werden. Schon gar nicht von einem „EU-Diktat“, denn die Weiterführung der Schengen/Dublin-Zusammenarbeit ist für unser Land von enormer Wichtigkeit. Die Informations- und Fahndungssysteme dieses Abkommens sind für unsere Polizei und Grenzwächter von eminenter Bedeutung. Auch die gegenwärtige Praxis im Asylwesen würde komplizierter.
Daniel Jositsch, Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität Zürich, meinte in der NZZ: „Letztlich bleibt der Widerstand [der Befürworterinnen und Befürworter eines liberalen Waffenrechts] gegen die Umsetzung unverständlich. Denn statt sich darüber zu freuen, dass die Schweiz eine aus Sicht der Schützinnen und Schützen völlig harmlose Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie erreicht hat, stellen sie mit dem Referendum die Teilnahme der Schweiz am Schengen-Strafverfolgungsraum grundsätzlich infrage.“
Gründe für ein JA zur Teilrevision
Bundesrat und Parlament empfehlen ein JA zu dieser Teilrevision des Schweizer Waffenrechts, die auf der bewährten Linie der Schweizer Politik im Umgang mit Waffen steht. Unser Land konnte bei der Aktualisierung der EU-Waffenrichtlinie mitreden und, zusammen mit anderen Staaten, z.B. weitergehende Regelungen verhindern, die unsere friedliche Tradition hätten gefährden können. Die Befürchtungen der Schützen, die übrigens das Referendum angekündigt haben, bevor die Richtlinien überhaupt verabschiedet waren, sind nicht eingetreten: Niemand wird entwaffnet, auch Jägerinnen und Jäger können ihre Waffen wie bisher verwenden.
Würden wir diese Teilrevision ablehnen wäre das automatisch das Ende unserer Zusammenarbeit im Rahmen des Schengen-Abkommens. Die weitreichenden Folgen eines solchen Entscheides wären - gerade für die Sicherheit unseres Landes – schwerwiegend. Neben den weiter oben bereits geschilderten, wäre auch unsere Reisefreiheit, aber auch die Volkswirtschaft als Ganzes tangiert.
Alle grossen Parteien – selbst die anfänglich zögernde SVP – empfehlen ein JA zur Teilrevision, ebenso die grossen Verbände, insbesondere Economiesuisse. Für ein NEIN plädieren die IGS, die Schweizerische Offiziersgesellschaft und einzelne Jungparteien.