Wer weniger Ressourcen verbraucht, verdient mehr. Nachhaltiges Handeln ist nicht nur ein Gebot der Stunde, sondern entwickelt sich immer schneller zum Wettbewerbsvorteil. (Bitte verwechseln Sie nachhaltig nicht mit der Duden-Erklärung «längere Zeit anhaltende Wirkung», sondern erkennen Sie darin die weltweit gebräuchliche moderne Interpretation von «sustainable», also des forstwirtschaftlichen Prinzips des Nachwachsens der Bäume, die gefällt wurden).
Pessimismus ist ein schlechter Ratgeber
Jene Menschen, die permanent eine düstere Zukunft mit steigender Arbeitslosigkeit an die Wand malen, sind zu bedauern. Denn erstens kennen wir die Zukunft nicht, zweitens wissen wir nicht, was wir nicht wissen und drittens können wir aus der Vergangenheit lernen. Allerdings sei davor gewarnt, in alten Denkkategorien zu verharren. Das beginnt mit dem Perspektivenwechsel: Das Gebot der Nachhaltigkeit neuer Lösungen setzt die konsequente Entsorgung einiger wirtschaftlicher Guide-Lines der Vergangenheit voraus.
Gemeint sind als Beispiel jene Wirtschaftstreiber, welche die Industriellen Revolution (~1750 -1850) antrieben: Kohle, deren Abbau lukrativer wurde. («Ein dunkler, schwarzer Qualm liegt über der Stadt.») 200 Jahre später sind es natürlich die fossilen Energiequellen. Mit einher mit der vierten Industriellen Revolution (~1980 - ?), der Digitalen Revolution geht die Erkenntnis, dass die Selbstverständlichkeit der Plünderung der fossilen Energien ein Ende haben und der neuen Erkenntnis nachhaltigen Wirtschaftstreiber Platz machen muss.
Auch was die durch den Wandel verursachte Arbeitslosigkeit betrifft, können wir aus der Vergangenheit lernen: Maschinen verdrängten zwar damals die Handwerksarbeit, die Menschen wurden jedoch nicht überflüssig, wie vielerorts befürchtet. Sie, die jetzt das Proletariat darstellten, mussten sich allerdings ein besseres Leben durch harte langandauernde Proteste und Streiks gegen Auswüchse des aufkommenden Kapitalismus erkämpfen.
In den 1930er-Jahren warnten der Ökonom John Maynard Keynes vor technologischer Arbeitslosigkeit und die Philosophin Hannah Arendt vor «einer Arbeitsgesellschaft, der die Arbeit ausgegangen ist». Später hiess es: «Die Computer-Revolution. Fortschritt macht arbeitslos.»
Verändern, um zu profitieren
Wenn sich einst kapitalistische Unternehmer und lohnabhängige Proletarier gegenüberstanden, so sind es gegenwärtig neoliberal geführte Konzerne und eine verschwenderische Gesellschaft – doch umlernen müssen beide. Jene lange wiederholte These des Moralphilosophen Adam Smith, wonach «das individuelle Profitstreben jedes einzelnen am Wirtschaftsleben Beteiligten - wie von unsichtbarer Hand gesteuert - dafür sorge, den allgemeinen Wohlstand bestmöglich zu fördern» und «da der Zweck jeder Kapitalanlage Gewinnerzielung ist, so wenden sich die Kapitalien den rentabelsten Anlagen zu, d.h. denjenigen, in denen die höchsten Gewinner erzielt werden». Längst wissen wir, dass der Markt eben nicht alles regeln kann, dass Kapitalanlagen, also Unternehmen, auch andere Aufgaben zu übernehmen haben. Nachhaltiges Agieren am Markt ist das Gebot der Stunde. Darin liegen auch die grossen Chancen des zukünftigen Erfolgs.
Was die Gesellschaft, die Arbeitnehmenden betrifft, auch hier müssen sich Gewohnheiten, ja Selbstverständlichkeiten ändern. Vor dem Hintergrund einer lebenswerten Zukunft und ebensolcher Berufsvisionen für die Jugend, reift die Erkenntnis, dass der auf (fossilem) Verbrauch basierende Lebensstil ein für alle Mal vorüber ist. Die substanzplündernden Gewohnheiten (Kreuzfahrten, Weltreisen, die gedankenlose Fliegerei überhaupt und das kindische Daherkreuzen in benzinfressenden SUVs, das Wohnungsheizen bei offenem Fenster, das Wegwerfverhalten im Allgemeinen) sind eben alles andere als nachhaltig - Veränderung ist angesagt.
Die Kreislaufwirtschaft der Zukunft
Das neue Denken weiss um die Endlichkeit unserer Ressourcen. Im Gefolge der Klimadebatte ist die Kreislaufwirtschaft in unseren Fokus gerückt: Da treffen technologische Innovationen auf neue Geschäftsmodelle. Die Wirtschaft wird buchstäblich revolutioniert. Jetzt erfinden Firmen ihre Aufgabe neu: Anstelle des Wegwerfens nach Gebrauch sollen technische Produkte entweder rückgeführt oder biologische Materialen regeneriert werden. Aus Alt wird Neu.
«Apple, Cupertino, Kalifornien, hat Pläne angekündigt, seine Recycling-Programme zu erweitern und ein Material Recovery Lab in Austin, Texas, zu eröffnen, das sich der Entdeckung zukünftiger Recyclingprozesse widmen wird. Die neue 9’000 Quadratmeter grosse Anlage wird nach innovativen Lösungen suchen, die Robotik und maschinelles Lernen umfassen, um traditionelle Methoden wie gezielte Demontage, Sortierung und Zerkleinerung zu verbessern. Apple berichtet, dass das Labor mit Apple-Engineering-Teams sowie Hochschulen zusammenarbeiten wird, um Lösungen für die heutigen Herausforderungen im Recycling der Branche anzugehen und vorzuschlagen» (recyclingtoday.com).
Vergesst, was war!
Beispiele aus der Gegenwart lassen aufhorchen: Unilever N.V. (unilever.com) reduziert massiv seine Umweltbelastungen. Das Gewicht der eingesetzten Kunststoffverpackungen wurde um einen Drittel reduziert. Bei einem Jahresumsatz von 50 Mia. Euro fällt das deutlich ins Gewicht. BioMason (biomason.com) aus den USA krempelt das Baugewerbe um: Es hat klimaschonende Ziegel erfunden, die nicht im Feuer gehärtet werden, sondern von Bakterien aus Sand gebaut – ganz ohne CO2-Ausstoss. Das Einsparungspotenzial ist riesig, 800 Mio. Tonnen CO2 gehen auf das Konto der weltweiten Ziegelproduktion. Das holländische Unternehmen Black Bear Carbon (blackbearcarbon.com) ist ein Technologiepionier im Upcycling von Altreifen. Bei Verwertung aller verfügbarer Altreifen würde der jährliche Ölverbrauch um 215 Mio. Barrel sinken (globalance).
Von der Natur lernen
In Krisenzeiten werden nachhaltige Geschäftsmodelle, die sich auf Neues ausrichten und dabei die Nachhaltigkeit als Devise einschliessen, zu Beispielen, wie man Krisen meistert. Mit Anleihen aus der Natur (Bambus ist flexibel, fest verwurzelt, biegt sich in stürmischen Zeiten, um danach wieder aufrecht weiterzuwachsen) verändern sie achtsam alte Routine-Produktionen, um neue Wege zu erkunden. «Es geht dabei nicht darum, die Natur zu kopieren, sondern zu kapieren», sagt Karl-Heinz Oeller vom Vorstand des internationalen Bionik-Zentrums in Saarbrücken. Das Unternehmen W.L. Gore & Associates hat – als stellvertretendes Beispiel – gleich solche Anleihen bei der Natur gemacht: So entstand die wasserdichte und atmungsaktive Kunstmembrane «Gore-Tex» (Zukunftbeweger).
Vielleicht sollten wir weniger auf düstere Zukunfts-Szenarien achten, als vielmehr optimistische, spannende und erfolgreiche Zukunfts-Modelle wahrnehmen?