Konsequenterweise bedienen sich die politischen Parteien, gegen Mitgliederschwund und politisches Desinteresse kämpfend, der „Logik“ dieser Medien, indem sie – einige besser als andere – folgerichtig eben diese Medien mit „prominenten“ Köpfen, süffigen Skandalgeschichten, seichtem Infotainment bedienen. Lifestyle bewegt das Publikum, einzelne Personen werden ins Rampenlicht gerückt, der Übervater der Nation behauptet einmal mehr die Flughoheit über den Stammtischen und bewährt sich als Politmarke. Branding, Shortcuts, Homestorys erfüllen den Geschmack der Mehrheit. Diese ist fatalerweise auch Stimmvolk.
Im Untergrund – wie beim Kasperletheater fürs Publikum versteckt – agieren eifrig die Lobbys der sichtbaren Figuren aus Kreisen der Wirtschaft, Konsumenten und Politik (wie Economiesuisse, Pharma, Grossbanken, Bau, Gesundheit, Gewerkschaft oder Weltwoche usw.) ohne deren diskreten finanziellen oder ideellen Zuwendungen das „Theater“ gar nicht überleben könnte.
Emotionen zu schüren statt Argumente zu begründen erweist sich unter diesen Aspekten als gewinnbringend. Für Werte zu kämpfen, die als „wahr“ erkannt werden ist unendlich viel wirksamer als ehrliche, komplizierte Programme erklären zu wollen. Einige Beispiele dazu: „Kampf dem Terror!“, mit diesem Aufruf lässt sich jede zusätzliche Ausgabe begründen. „Das Boot ist voll!“ als politische Stimmungsmache ist dem differenzierten Erklärungsversuch (z.B. der Ausländeranteil von 23% stösst an Grenzen) eindeutig überlegen … „Mehr Sicherheit!“ zu versprechen oder gar „Weniger Steuern!“, beides sichert Wählerstimmen in einem weit grösseren Ausmass als jeder intellektuell noch so fundierte Erklärungsversuch (warum beide Versprechen letztlich unredlich sind). „Das schwarze Schaf“ auf Plakaten sagt mehr aus alle noch so redlich gemeinte Hintergrundinformationen im Zusammenhang mit Ausländerkriminalität. Framing heisst diese Technik, bei der sich einfache politische „Bild“ als unübertreffbare Wahl- oder Abstimmungspropaganda bewähren, seien sie verbaler oder visueller Art.
Die Mediendemokratie ist Alltag und Tatsache. Medien und Politik sind Teile des Spektakels, die gegenseitig von einander profitieren. Es ist Showtime und die besten Schauspieler und Plots gewinnen. Wer Ereignisse am besten inszeniert, begeistert das Publikum. Parteitage als verbales Schwingfest auf der grünen Wiese. 1. Augustfeiern auf dem Rütli. Dagegen nehmen sich traditionelle Pressekonferenzen zu Beginn des Wahlkampfs aus wie derweil „s’bluemete Trögli“.
Die Spielregeln der Politik werden neu geschrieben. Wenn dabei die kommerzielle Logik der Medien mehr und mehr auf die Parteizentralen übergreift, darf darob nicht vergessen gehen, was letztlich die individuellen Zielsetzungen sind. Private Medienkonzerne müssen (und dürfen) Geld verdienen. Staatliche Institutionen (TV und Radio) haben dagegen einen qualitativen Mehrwert zu leisten. Der politische „Verdienst“ der Parteien manifestiert sich in Wählerstimmen und Abstimmungssiegen. Die Ziele sind also unterschiedlich und nicht immer klar kommuniziert. Umso wichtiger bleibt der Part des Publikums, auch Zivilgesellschaft genannt. Hier lässt sich über den Gewinn nicht streiten: Wollen wir unsere hoch gelobte und immerdar verteidigte direkte Demokratie made in Switzerland bewahren, gilt es, den Durchblick zu wahren und sich nicht blenden zu lassen von Schlagzeilen, Wahlplakaten oder Abstimmungsversprechen.
Dabei gilt es aufzuzeigen, was die Parteien geleistet haben, wofür sie sich im Parlament eingesetzt haben.
Verantwortungsbewusste Medienarbeit heisst, dem Volk reinen Wein einschenken und nicht nur über die Etiketten berichten. Schliesslich beurteilen echte Weinprofis den Wein auch nicht nach Etikette und Flaschengewicht.
*Mehr dazu im neuen Buch von Christoph Zollinger:
„Nach 2500 Jahren – Epochaler Neubeginn“
(erscheint im Frühling 2011 an der Leipziger Buchmesse).